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Trennungskind: Umgangsrecht bei großer Entfernung

Kinder getrennt lebender Eltern werden erst Recht zum Streitobjekt, wenn ein Elternteil weg zieht, da dies den Umgang deutlich erschwert. Wie dies geregelt werden kann, hat nun das Oberlandesgericht Brandenburg mit Beschluss vom 3. Juli 2015 entschieden. Aktenzeichen: 10 UF 173/14

Das Problem ergibt sich immer wieder. Die Eltern trennen sich. Umgang mit dem Kind kann nur unter Schwierigkeiten geregelt werden, weil die beiden Elternteile in großer Entfernung voneinander leben (im entschiedenen Fall über 600 km). Eine solche Entfernung macht die üblichen Regelungen (alle 14 Tage von Freitagnachmittag bis Sonntagabend) unmöglich, da der den Umgang ausübende Elternteil nahezu ausschließlich mit Fahrten zwischen den Wohnorten der Eltern beschäftigt ist.

Das Oberlandesgericht Brandenburg hat nun dazu eine Entscheidung getroffen. Im Ergebnis wurde der Umgang des Vaters so ausgeweitet, dass dieser das Kind alle 14 Tage ab dem Donnerstag (einer ungeraden Woche) von 12:00 h bis zum darauffolgenden Dienstag 18:00 h zu sich nehmen kann. Dieser ausgedehnte Zeitrahmen sollte es dem Vater ermöglichen, das Kind auch zu sich mit nach Hause zu nehmen, um nicht den gesamten Umgang am Wohnort der Mutter verbringen zu müssen (im Zweifel im Hotel). Das Kind war 2 Jahre alt. Das Gericht ist damit von der üblichen Vorstellung, in solchen Fällen den Umgang wegen der großen Entfernung nur einmal im Monat stattfinden zu lassen (ggf. etwas länger als die übliche Zeit von Freitagnachmittag bis Sonntagabend) abgewichen.

Das Gericht hat betont, dass bei fehlender Fähigkeit der Eltern sich auf eine Regelung zu einigen, das Gericht nach eigener Beurteilung unter Berücksichtigung des Wohls des Kindes und der berechtigten Interessen der Eltern jede ihm geeignet erscheinende Regelung treffen darf, auch wenn kein Elternteil diese beantragt hat.

Das Oberlandesgericht hat darüber hinaus festgehalten:

Eine Umgangsregelung hat sich immer und ausschließlich an dem Wohl des Kindes zu orientieren. Dies führt dazu, dass gerichtliche Entscheidungen zum Umgang auch abzuändern sind, ohne dass dies jemand beantragt hat, wenn dies dem Wohl des Kindes entspricht (Im konkreten Fall hatten die Großeltern in einem eigenen Verfahren Umgang erstritten, der aber dem Umgang des Vaters zeitlich „im Wege stand“. Das Oberlandesgericht hat diesen Umgang gestrichen, ohne dass einer der Beteiligten diese Streichung beantragt hätte, um den Umgang des Vaters zeitlich zu ermöglichen. Damit wurde die den Großeltern günstige gerichtliche Entscheidung zum Umgang abgeändert, ohne dass es einen darauf gerichteten Antrag gab. Die Großeltern hatten vielmehr im Wege der Beschwerde beantragt den Umgang auszuweiten).

Rechtsanwalt Joachim Hermes, Fachanwalt für Familienrecht und Fachanwalt für Erbrecht

Veröffentlicht am 11. Oktober 2015