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„Wenn der Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag mit einem Arbeitnehmer abschließt, kauft er nicht dessen Seele.“ Eleanor Sharpston, Generalanwältin am EuGH

Wieder mal ein Kopftuchstreit. Europäischer Gerichtshof muss entscheiden. Rechtssache C‑188/15 – Bougnaoui und ADDH

Die Arbeitnehmerin war bei einem französischen Softwareunternehmen als Softwaredesignerin tätig. Bei einem Kundeneinsatz trug sie – entgegen der Vorgaben des Arbeitgebers – ihr islamisches Kopftuch. Nachdem der Kunde sich darüber beschwert hatte, wurde Frau Bougnaoui gekündigt. In dem Rechtsstreit wurde die Frage aufgeworfen, ob die Kündigung eine Diskriminierung wegen der Religion ist. Gemäß Art. 21 der Grundrechte-Charte der Union sowie der Richtlinie 2000/78 ist eine Ungleichbehandlung wegen der Religion verboten.

In ihrem umfangreichen Schlussantrag hat Generalanwältin Sharpston am 13. Juli 2016 wie folgt votiert:

„Eine in den Arbeitsplatzvorschriften eines Unternehmens enthaltene Regelung, die Arbeitnehmern des Unternehmens während des Kontakts mit Kunden des Unternehmens das Tragen religiöser Zeichen oder Bekleidung verbietet, beinhaltet eine unmittelbare Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, auf die weder Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 noch eine der sonstigen Abweichungen von dem in dieser Richtlinie aufgestellten Verbot der unmittelbaren Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung Anwendung findet. Dies gilt erst recht, wenn die betreffende Regelung ausschließlich für das Tragen des islamischen Kopftuchs gilt.“

In der Begründung hat sie dabei – in Ziffer 72 – unter anderem den als Leitsatz zitierten Satz formuliert, wonach der Arbeitgeber, wenn er einen Arbeitsvertrag mit einem Arbeitnehmer abschließt, nicht dessen Seele kauft. „Tatsächlich kauft er allerdings seine Zeit.“, so die Generalanwältin. 

Der EuGH folgt in der Regel dem Votum des jeweiligen Generalanwalts.

Rechtsanwalt Prof. Dr. R. Mauer

Veröffentlicht am 19. Juli 2016