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Bundesarbeitsgericht: Ist das massenweise Erstellen von Raubkopien während des Dienstes ein Kündigungsgrund?
Terminsvorschau des BAG: Am 16. Juli 2015 verhandelt der 2. Senat über eine Revision des Landes Sachsen-Anhalt gegen einen bei ihm beschäftigten IT-Techniker, der seine Dienstzeit im OLG Naumburg gut zu nutzen wusste. Aktenzeichen 2 AZR 85/15.
Am 26. Juli 2015 muss das Bundesarbeitsgericht darüber entscheiden, ob das Erstellen von Raubkopien während der Arbeitszeit als Grund für eine fristlose Kündigung ausreicht.
Der Fall ist – leider – symptomatisch für verhaltensbedingte Kündigungsszenarien innerhalb des Öffentlichen Dienstes: Einzelne (natürlich nicht alle) Arbeitnehmer nutzen nicht nur die Arbeitszeit um anderes zu tun als das, wofür sie bezahlt werden. Sie missbrauchen auch weitere Ressourcen des Arbeitgebers. Andere – also Kollegen im weiteren Sinne bis hin zu den Vorgesetzten – schauen lange unbeteiligt zu oder beteiligen sich an dem, was evident nicht im Sinne des Arbeitgebers liegt. Dann fliegt die Sache irgendwann auf und es wird zögerlich gehandelt, halbherzig ermittelt und irgendwann, meist Monate später, fristlos und hilfsweise ordentlich gekündigt. Formfehler, versäumte Fristen und zurechtgezimmerte Sachverhaltsdarstellungen führen letztlich dazu, dass die Arbeitnehmer, die wirklich gekündigt gehören, bleiben dürfen. Im warmen Schoß des Öffentlichen Dienstes. Die Arbeitsgerichte können häufig nur die Scherben aufkehren und die Arbeitnehmer zurück an ihren Arbeitsplatz, den Tatort, lassen.
Genauso lief es auch im Fall des IT-Technikers im Oberlandesgericht Naumburg im Land Sachsen-Anhalt. Der Angestellte nutzte über Jahre hinweg seine Befugnis, IT-Zubehör zu bestellen, um unter anderen CD- und DVD-Rohlinge in Massen zu kaufen. Teilweise mit dienstlichem, teilweise mit privatem Gerät wurden dann tausende von Raubkopien von Musik-CDs, Film-DVDs und anderes hergestellt. Abnehmer waren neben Außenstehenden auch Kollegen, darunter auch Richter des OLG Naumburgs. Beteiligt an dem Job waren auch zwei verbeamtete Kollegen im Justizgebäude.
Eines Tages flog die Sache auf und dann „ermittelte“ die Justizverwaltung vor sich hin. Also ohne Eile. Schließlich wurde vor Ausspruch der fristlosen Kündigung gemäß § 626 BGB der Personalrat angehört und ihm mitgeteilt, was die Behörde sich inzwischen als Bild gemacht hatte. Die beiden Beamten ließ das Land in Ruhe, Disziplinarverfahren wurden nicht eingeleitet. Der IT-Mann hingegen wurde fristlos und hilfsweise fristgerecht gekündigt. Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Halle und bekam Recht. Die Kündigungen waren unwirksam.
Die eingelegte Berufung zum Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt wurde zurückgewiesen. Das LAG stellt hierzu zutreffend fest: „Die rechtswidrige Verwendung von Betriebsmitteln – hier u. a.: Herstellung von Raubkopien unter Verwendung ausschließlich dienstlicher Betriebsmittel durch Bedienstete eines Gerichts – ist grundsätzlich ohne weiteres geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung zu bilden.“ (Leitsatz 1 des Urteils vom 19.12.2014 – 4 Sa 10/14 – Juris). Soll heißen: Geht schon, muss nur richtig gemacht werden. In den weiteren, ausführlich begründeten Ausführungen des LAG wird dann auseinandergepflückt, was der öffentlich-rechtliche Arbeitgeber alles vermasselt hat. Dass dies alles auf Kosten der Steuerzahler geht, macht die Sache nicht besser.
Die Revision wurde zugelassen, damit das Bundesarbeitsgericht einige grundsätzliche Rechtsfragen klären kann, darunter diejenige, wie sich die unterschiedliche Behandlung von (gemeinsam begangenen) Pflichtverletzungen durch Beamte und Angestellte auf die Verhältnismäßigkeit der fristlosen Kündigung des Arbeitnehmers auswirkt.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Prof. Dr. Reinhold Mauer
Terminsvorschau des BAG – 16 Juli 2015
Veröffentlicht am 23. Juni 2015