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Erbstreit einmal anders – Mit Bestattungsverfügung wäre das nicht passiert!

Ausnahmsweise ging es bei dem „Erbrechtsstreit“, der von dem obersten deutschen Bundesgericht in Zivilsachen (BGH, Urteil v. 26.2. 2019, VI ZR 272/18) entschieden werden musste, einmal nicht um das liebe Geld. Über drei Instanzen hinweg stritten der Tochter eines Verstorbenen und seiner Enkelin, einer Nichte der Tochter um die Frage, wie die Grabstätte auszusehen hat. (…)

Der Verstorbene wurde in einer sogenannten „Baumgrabstätte“ beigesetzt. Dabei handelt es sich um eine in den letzten Jahren häufiger gewählten, kreisförmig um einen Baum angeordneten, durch eine Gedenktafel gekennzeichnete Vielzahl von Grabstätten, die einheitlich bepflanzt und durch Pflastersteine eingefasst sind. Die Enkelin dekorierte diese Grabstätte umfassend mit auffälligen Schmuck, u. a. mit einem weithin sichtbaren Herz aus Holz in roter Farbe, hochwertigen Kunststoffblumen, Topfpflanzen, Engeln etc.. Damit war die Tochter des Verstorbenen überhaupt nicht einverstanden und entfernte kurzerhand den größten Teil des Grabschmuckes. Die Enkelin erstattete Strafanzeige, die Tochter konterte mit einer Klage auf Unterlassung, auf dem Grab Blumengebinde, Ornamente oder andere Gegenstände jeglicher Art abzulegen.

Die Rechtslage ist gar nicht so einfach, wie die unterschiedlichen Entscheidungen von erst- und zweitinstanzlichem Gericht zeigen. Aufgrund einer Revisionszulassung musste der Bundesgerichtshof abschließend in dritter Instanz entscheiden.

Während im Bürgerlichen Gesetzbuch in § 1968 BGB klar geregelt ist, wer die Kosten der Beerdigung trägt, nämlich der Erbe, finden sich dort keinerlei Regelungen dazu, wem das Totenfürsorgerecht zusteht, also das Recht, über die Art der Beisetzung und der Ausgestaltung der Grabstätte entscheiden zu dürfen. Dieses Recht wird rechtshistorisch aus dem Familienrecht hergeleitet. Es kommt grundsätzlich dem nächsten Angehörigen zu. Der nächste Angehörige des Verstorbenen war in diesem Fall die Tochter.

Für den Juristen interessant an der Entscheidung ist, dass der Bundesgerichtshof das Totenfürsorgerecht in den Kanon der nach § 823 BGB geschützten Rechte aufnimmt und dieses Recht damit ähnlich sieht, wie die Rechte auf Eigentum oder Unverletzlichkeit der Person. Nimmt man diese Gleichstellung vor, ist es nur folgerichtig, dem Totenfürsorgeberechtigten auch die Entscheidung über die Gestaltung der Grabstelle zuzubilligen.

Leider wissen die meisten Menschen nicht, dass der deutsche Gesetzgeber den Menschen nicht nur die Möglichkeit lässt, ihr Erbe zu regeln, sondern auch die Totenfürsorge. Das rechtliche Instrumentarium ist die sogenannte Bestattungsverfügung. Sie bedarf nicht der Rechtsform des Testamentes. Auch sollte sie nicht in der letztwilligen Verfügung geregelt werden, denn bis diese beim Nachlassgericht eröffnet ist, sind die wesentlichen Fragen der Beisetzung bereits längst entschieden. Wie Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung gehört eine Bestattungsverfügung zum Kanon der Regelungen, die neben der letztwilligen Verfügung die Überlegungen zur eigenen Hinterlassenschaft abrunden. Die Entscheidung über die Totenfürsorge muss übrigens – ebenso wie die Vorsorgevollmacht oder die Patientenverfügung – nicht einem Familienmitglied überlassen werden. Oftmals gibt es gar kein Familienmitglied mehr, dass diese Aufgabe wahrnehmen kann oder möchte. Auch der Testamentsvollstrecker kann mit diesen Aufgaben betraut werden. Hierbei ist es natürlich erst recht wichtig, dass die Anordnungen zur Bestattung nicht im Testament enthalten sind, sondern in einer gesonderten Verfügung. Auch empfiehlt es sich dringend, den Testamentsvollstrecker in diese Gedankengänge einzubeziehen, damit er die Wünsche auch zielgenau umsetzen kann.

 

Eberhard Rott
Fachanwalt für Erbrecht und Fachanwalt für Steuerrecht, Testamentsvollstrecker (AGT)
für das HÜMMERICH legal Erbrechtsteam