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Bundesgerichtshof: Vorsicht bei unklaren und formularmäßigen Patientenverfügungen!

Den Wunsch nach einem „würdevollen“ Sterben hat nahezu jeder. Von der mit Wirkung vom 01.09.2009 an durch die Einfügung von § 1901a in das Bürgerliche Gesetzbuch geschaffenen Möglichkeit einer (in einfacher Schriftform zu errichtenden) Patientenverfügung machen daher immer mehr Menschen Gebrauch. In den Krankenhäusern werden die Angehörigen bei der Aufnahme eines Patienten bereits routinemäßig nach dem Bestehen einer Patientenverfügung gefragt.

 

In beinahe umgekehrten Verhältnis zu der Bedeutung einer Patientenverfügung für die Verwirklichung der höchstpersönlichen eigenen Wünsche steht die Bereitschaft vieler Menschen, sich bei der Abfassung von Patientenverfügungen beraten zu lassen. In dem Beschluss vom 06.07.2016 (XII ZB 61/16) hat der Bundesgerichtshof deutlich zum Ausdruck gebracht, dass eine schriftliche Äußerung wie „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ zu wünschen, für sich genommen nicht die für eine bindende Patientenverfügung notwendige konkrete Behandlungsentscheidung des Betroffenen beinhaltet. Zumindest habe eine Konkretisierung durch Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen oder die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen zu erfolgen.

Gerade an diesen Erfordernissen mangelt es den meisten Vollmachtsmustern, wie sie zu tausenden im Internet kursieren oder im Schreibwarenhandel für kleines Geld zu erwerben sind. Aber auch bei Patientenverfügungen, die mit Hilfe ärztlicher und anwaltlicher oder notarieller Beratung erstellt wurden, ist Aufmerksamkeit geboten, soweit diese schon älteren Datums sind. Die Rechtsprechung entwickelt sich weiter und die kleinen Notizen, die sich in Tageszeitungen hierzu finden, werden in ihrer Bedeutung nicht erkannt oder gehen in der Flut der sonstigen Nachrichten schlichtweg unter. Außerdem: Die persönlichen Einstellungen zum Leben und seiner Beendigung wandeln sich im Laufe der Zeit. Es ist daher nie verkehrt, sich alle paar Jahre mit der Thematik neu auseinanderzusetzen. Damit erspart man nicht nur sich selbst eine langwierige und ungewisse Situation, sondern auch denjenigen, die sich um einen kümmern. Im konkreten Fall ging der Instanzenzug vom Amtsgericht über das Landgericht zum Bundesgerichtshof und von dort aus wieder zurück zum Landgericht. Abschließend entschieden ist damit im konkreten Fall mit Stand heute noch nichts. Zu begrüßen sind die klaren und deutlichen Worte des Bundesgerichtshofs aus der Sicht der Praxis aber auf jeden Fall.

Die Entscheidung finden Sie hier. Sehr lesenswert ist auch die Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs, in der der Sachverhalt und die einschlägigen Normen zusammengefasst sind. Sie ist hier abrufbar.

 

Rechtsanwalt Eberhard Rott, Fachanwalt für Erbrecht und Fachanwalt für Steuerrecht