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Bundesverfassungsgericht lehnt Eilantrag gegen einrichtungsbezogene Impfpflicht ab!

Mit dem heute veröffentlichten Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht einen Eilantrag gegen die Einführung der ab dem 16.03.2022 geltenden einrichtungsbezogenen Impfpflicht in Pflegeheimen, Krankenhäusern, Arztpraxen und anderen Einrichtungen abgelehnt (Beschluss vom 10.02.2022, 1 BvR 2649/21).

Damit wird die von Betroffen, Einrichtungen, Verbänden, Juristen und Teilen der Politik heftig kritisierte Impfpflicht für Beschäftigten in Pflege-, Betreuungs- und andere Gesundheitsberufen zum 16.03.2022 Wirklichkeit werden. Nach den kritischen Äußerungen aus Bayern diese Woche konnte bei den Betroffenen noch Hoffnung bestehen, dass die Impfpflicht doch nicht kommt. Mit der heutigen Entscheidung dürfte aber feststehen, dass daran bis auf weiteres nicht mehr gewackelt wird. Mit einer Entscheidung in dem sog. Hauptsacheverfahren wird bis Mitte März nicht zu rechnen sein.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Frage der Verfassungsmäßigkeit offengelassen. Es schätzt aber die Folgen, die eine vorübergehende Aussetzung der Impfpflicht zur Folge haben könnte, als schwerwiegender als den Eingriff in die Rechte der betroffenen Beschäftigten ein. Das Gericht formuliert dies zusammengefasst so: „Der sehr geringen Wahrscheinlichkeit von gravierenden Folgen einer Impfung steht die deutlich höhere Wahrscheinlichkeit einer Beschädigung von Leib und Leben vulnerabler Menschen gegenüber.“

Das Gericht stellt in der Begründung darauf ab, dass die vulnerablen Personen, also Patienten, Bewohner oder Betreute durch nichtgeimpfte Beschäftigte einer größeren Ansteckungsgefahr ausgesetzt sind, als durch Geimpfte. Weitgehend unberücksichtigt gelassen hat das Gericht dabei den aus der Wissenschaft vorgebrachten Hinweis, dass aufgrund der derzeit vorherrschenden Omikronvariante gar nicht mehr ohne weiteres gesagt werden kann, dass Ungeimpfte viel weniger ansteckend sind, als Geimpfte. Gänzlich unbenannt geblieben ist, dass die verpflichtende tägliche Testung für Ungeimpfte aufgrund der 3-G-Regelung am Arbeitsplatz sogar einen besseren Schutz der vulnerablen Personen bieten kann, als mit dem Status geimpft oder genesen ohne Testung erreicht werden kann. Mittlerweile dürfte jeder einen Geboosterten kennen, der sich mit dem Coronavirus infiziert hat. Die Impfung schützt sicherlich vor schweren Verläufen, aber nicht mehr vor Ansteckung. Im Gegenteil kann gerade der milde oder symptomlose Verlauf einer Erkrankung sogar eine besondere Gefährdung der eigentlich zu schützenden Personen darstellen, weil der Erkrankte seine Infektion schlicht nicht merkt, aber ansteckend ist.

Über die Verfassungsmäßigkeit an sich hat das Bundesverfassungsgericht nicht entschieden. Der Entscheidung ist aber eine deutliche Ohrfeige an den Gesetzgeber zu entnehmen. Es bestehen, so das Gericht, Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der in § 20a IfSG gewählten gesetzlichen Regelungstechnik einer doppelten dynamischen Verweisung, da die Vorschrift auf die COVID-19- Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung verweist, die ihrerseits wiederum auf Internetseiten des Paul-Ehrlich-Instituts und des Robert Koch-Instituts verweist. Die abschließende Prüfung der Verfassungsmäßigkeit bleibt damit dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Die Folgen der Entscheidung sind indes klar: Die einrichtungsbezogene Impfpflicht kommt. Darauf müssen sich nun endgültig alle Betroffenen, egal ob Arbeitnehmer, Arbeitgeber oder Gesundheitsämter einstellen. Aber auch die Arbeitsgerichte werden sich auf eine Klagewelle vorbereiten müssen. Zahlreiche arbeitsrechtliche Fragen sind weiterhin unbeantwortet. Das Gesetz wirft mehr Fragen auf, als es Antworten gibt. Der Kritik an dem auch handwerklich schlecht gemachten Gesetz, die auch das Bundesverfassungsgericht geäußert hat, kann sich jeder mit der Materie Befasste nur anschließen.

Die Fragen sind vielfältig. Ist eine Kündigung gerechtfertigt? Das wird man wohl eher verneinen können. Darf der Arbeitgeber die Gehaltszahlung einstellen? Ab einem Beschäftigungsverbot sehr wahrscheinlich. Besteht ein Anspruch für Betroffene auf Arbeitslosengeld? Dafür gibt es gute Argumente. Sollte ich als Betroffener lieber selbst kündigen? Auf keinen Fall.

Lesen Sie die weiteren Beiträge zu dem Thema auf dieser Seite. Haben Sie Fragen zu den arbeitsrechtlichen Folgen, fragen Sie mich.

 

Thomas Regh

Fachanwalt für Arbeitsrecht

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