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Europäischer Gerichtshof: Was ist ein Betrieb im Sinne der europäischen Massenentlassungsrichtlinie?
Mit Urteil vom 30. April 2015 hat der EuGH in der Rechtssache Union of Shop, Distributive and Allied Workers (USDAW) – C-80/14 den Begriff des Betriebs im Sinne der Massenentlassungsrichtlinie 98/59/EG klargestellt. Die Massentlassung betraf tausende von britischen Arbeitnehmern der Ladenketten Woolworth und Ethel Austin.
Der Gerichtshof hatte über ein Vorabentscheidungsersuchen des Court of Appeal of England and Wales (Civil Division) nach Art. 267 AEUV zu entscheiden. Betroffen waren tausende Arbeitnehmer der beiden Ladenketten.
Nur bei Massenentlassung in einem Betrieb, die mindestens 20 betreffen, steht nach britischem Recht und Unionsrecht den Arbeitnehmern eine Entschädigung zu. Es stellte sich daher die Frage, ob die einzelnen Geschäfte, die meistens weniger als 20 Arbeitnehmer beschäftigen, als Betrieb anzusehen sind oder das Unternehmen selbst, das als juristische Einheit die Filialen führt.
In Übereinstimmung mit seiner bisherigen Rechtsprechung entschied der EuGH, dass Betrieb im Sinne der Richtlinie über Massenentlassungen nicht das Unternehmen ist, sondern der Betrieb. Betrieb im Sinne dieser Richtlinie ist die Einheit, der die von der Entlassung betroffenen Arbeitnehmer zur Erfüllung ihrer Aufgabe angehören. Ob die fragliche Einheit eine Leitung hat, die selbständig Massenentlassungen vornehmen kann, ist für die Definition des Begriffs „Betrieb“ nicht entscheidend.
Dies führt dazu, dass die Arbeitnehmer in kleinen Filialen leer ausgehen, wenn sie der vorstehenden Definition entsprechen. Ob dies jeweils der Fall ist, muss das vorlegenden nationale Gericht selbst beurteilen.
Der EuGH stellt klar, dass der Betriebsbegriff der Union von allen Mitgliedsstaaten einheitlich auszulegen ist. Der Gerichtshof betont, dass es den Mitgliedsstaaten frei steht, günstigere Rechtsvorschriften zugunsten der Arbeitnehmer zu entlassen, was dem Günstigkeitsprinzip entspricht oder günstigere tarifliche Vorschriften zuzulassen.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Prof. Dr. Reinhold Mauer
Veröffentlicht am Tag der Arbeit, dem 1. Mai 2015