Das sozialversicherungsrechtliche Statusfeststellungsverfahren - § 7a SGB IV

Oftmals wird in der Praxis das Bestehen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im Sinne von § 7 SGB IV verkannt.

Typische Fälle sind:

– (vermeintlich) freie Mitarbeiter

– (sonstige) Solo-Selbständige Auftragnehmer

– GmbH-Geschäftsführer

Fällt dies den Sozialversicherungsbehörden auf, z.B. im Rahmen einer Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV, führt dies dann regelmäßig zu Beitragsnachforderungen beim Auftraggeber. Der Auftragnehmer hingegen wird verschont, ein Beitragsnachforderung bei ihm oder auch ein Regressanspruch des Arbeitgebers ist praktisch ausgeschlossen, § 28g SGB IV. Hier gibt es nur die Einschränkung, einen unterbliebenen Abzug bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen nachzuholen; dies aber auch nur dann, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben ist. Ausnahmen hiervon gibt es nur dann, wenn der Beschäftigte seinen Pflichten nach § 28o Absatz 1 SGB IV (Auskunftspflicht) vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachkommt oder er den Gesamtsozialversicherungsbeitrag allein trägt oder solange der Beschäftigte nur Sachbezüge erhält.

Die Nachforderung der Beitragsforderung wird noch durch die Säumniszuschläge (12 % jährlich!) nach § 24 SGB IV und die so genannte Nettolohnfiktion (§ 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV verteuert und kann dann in Summe existenzbedrohend werden. Rückforderungen werden regelmäßig für die letzten 4 Jahre gestellt, bei Vorsatz bis zu 30 Jahre, § 25 Abs. 1 SGB IV.

Zur freiwilligen Selbstkontrolle räumt das Sozialgesetzbuch IV seit vielen Jahren das Statusfeststellungsverfahren ein. Danach kann das Unternehmen oder der potentielle Beschäftigte bei der Deutschen Rentenversicherung Bund beantragen, den sozialversicherungsrechtlichen Status zu beurteilen. Rechtliche Grundlage ist § 7a SGB IV.

Obwohl das Verfahren freiwillig ist, stellt das Unterlassen des Verfahrens ein Verschulden dar (BSG vom 9.11.2011 – B 12 R 18/09 R). Die zuständigen Sozialgerichte sind in der Beurteilung tendenziell streng zu Lasten der Unternehmen.

Das Statusfeststellungsverfahren wurde nun mit Wirkung ab dem 1. April 2022 reformiert. Die Untersuchung der Deutschen Rentenversicherung Bund beschränkt sich auf die Feststellung, ob eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt. Dies beschleunigt ab jetzt die Prüfung.

Bei Dreiecksverhältnissen (also insbesondere bei verdeckter Arbeitnehmerüberlassung) wird die fragliche Tätigkeit umfassend und nicht nur begrenzt auf das jeweilige Rechtsverhältnis beurteilt. Sofern die Deutsche Rentenversicherung Bund ein Beschäftigungsverhältnis feststellt, ermöglicht § 7a Abs. 2 Satz 2 SGB IV auch die Feststellung, ob dieses zu dem Dritten besteht. Der Dritte hat gemäß § 7 a Abs. 2 Satz 3 SGB IV ein eigenes Antragsrecht. 

Das Statusfeststellungsverfahren kann auch bereits vor Aufnahme der Tätigkeit gestartet werden, § 7 Abs. 4a SGB IV. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen.

Neu ist auch die Möglichkeit nach § 7a Abs. 4b SGB IV bei gleichen Auftragsverhältnissen Gruppenfeststellungen zu treffen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen. Die Deutsche Rentenversicherung Bund äußert sich auf Antrag gutachterlich, erlässt also keinen bindenden Verwaltungsakt.  

Neu ist zudem die Möglichkeit eines Antrags auf mündliche Anhörung im Widerspruchsverfahren; § 7a Abs. 6 Satz 2 SGB IV. 

Das Statusfeststellungsverfahren bleibt uns erhalten. Allerdings hat der Gesetzgeber eine Überprüfung angeordnet. Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat dem BMAS bis Ende 2025 dazu einen Erfahrungsbericht vorzulegen (§ 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV).