Wer ist Erbin oder Erbe, wenn nur einzelne Vermögenswerte verteilt werden?
In der Praxis begegnet man regelmäßig Fällen, in denen der Erblasser nicht explizit einen Erben einsetzt, sondern jeden einzelnen Gegenstand seines Vermögens bestimmten Personen zuordnet und damit häufig seinen gesamten Nachlass verteilt.
Das OLG Saarbrücken (Beschluss vom 30.03.2022; Az. 5 W 15/22) hatte sich mit einem derartigen Fall zu beschäftigen und hat dabei maßgebliche Kriterien herausgearbeitet.
Danach ist, auch wenn nur einzelne Gegenstände zugewiesen werden, die Verwendung des Begriffes „Erbe“ bedeutsam. „Vererbt“ der Erblasser einen einzelnen Gegenstand, so kann darin die Festlegung hinsichtlich einer Erbeinsetzung zu sehen sein, selbst wenn die Zuwendung eines einzelnen Gegenstandes typischerweise ein Vermächtnis darstellt.
Ein weiteres Kriterium sind die Wertverhältnisse der zugewandten Gegenstände. Im entschiedenen Fall waren eine Immobilie und der gesamte Bargeldbestand (incl. Konten) an die Lebensgefährtin gegeben worden. Diese Werte stellten nach der Vorstellung des Erblassers die Hauptwerte seines Vermögens dar. Daneben gab es einige kleinere Grundstücke, die Nichten und Neffen zugewandt wurden. Auch nach objektiver Bewertung handelte es sich bei den der Lebensgefährtin zugewiesenen Positionen um die maßgeblichen Werte des Nachlasses.
Ein weiteres Kriterium war für das Oberlandesgericht die Tatsache, dass der Erblasser festlegte, dass die Lebensgefährtin für die Bestattung und die Folgekosten der Grabpflege verantwortlich zeichnen sollte (wie sich der Erblasser ausdrückte). Nach § 1968 BGB hat der Erbe diese Kosten zu tragen. Werden diese Kosten einer bestimmten Person überantwortet, spricht dies dafür, dass dies der Erbe sein soll.
In der Summe aller Aspekte wurde die Zuweisung der einzelnen Gegenstände als Erbeinsetzung der Lebensgefährtin zur Alleinerbin bewertet.