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Fehler beim Bedürftigentestament

Es kommt immer wieder vor, dass sich Kinder, denen der Erblasser gern seinen Nachlass hinterlassen würde, in einer finanziellen Notlage befinden und dadurch eine Abhängigkeit von staatlicher Unterstützung entsteht.

Es kommt immer wieder vor, dass sich Kinder, denen der Erblasser gern seinen Nachlass hinterlassen würde, in einer finanziellen Notlage befinden und dadurch eine Abhängigkeit von staatlicher Unterstützung entsteht. Den Erblasser ärgert es dann regelmäßig, wenn die Sozialleistungen wegen des Nachlasses entfallen. Der Erblasser würde das Vermögen gern dafür verwendet sehen, den Erben zusätzlich etwas zukommen zu lassen um den Standard zu verbessern. Dies alles ist möglich, setzt aber voraus, dass die dafür erforderliche Testamentsvollstreckung auch richtig angeordnet wird.

Das Landessozialgericht Niedersachen – Bremen (LSG) hatte einen Fall zu entscheiden, in denen die Erblasserin folgendes angeordnet hatte:
„Der Testamentsvollstrecker ist verpflichtet, meinem Sohn für die nachgenannten Zwecke Mittel nach freiem Ermessen aus den Erträgnissen des Vermächtnisses zur Verfügung zu stellen: Taschengeld in angemessener Höhe; Kleidung, Bettwäsche, persönliche Anschaffungen; die Einrichtung und Gewährung einer Wohnung im bisherigen Umfang einschließlich der Anschaffung der dafür notwendigen Materialien und Ausstattungsgegenstände, ärztliche Behandlung, Therapien und Medikamente, die von der Krankenklasse nicht oder nicht vollständig bezahlt werden, z.B. Brille, Zahnersatz, Kuraufenthalte, Besuche bei Verwandten und Freunden“.
Der Testamentsvollstrecker hat in der Folge all diese und weitere Kosten für den Bedürftigen getragen. Das LSG hat in seiner Entscheidung vom 13.11.2014 nun festgestellt, dass neben den Kosten für Unterkunft und Heizung damit auch der Regelbedarf des Bedachten gedeckt war, da auch Sachleistungen neben den Geldleistungen bedarfsdeckend seien. Aus den Kontoauszügen war auch zu ersehen, dass Kosten für Telefon, Rundfunkgebühren, Strom und Versicherungen gezahlt worden waren.
Mit dieser Form der Ausgestaltung der Testamentsvollstreckung wird daher dem Ansinnen des Erblassers nicht Rechnung getragen, dem Begünstigten zusätzliche Mittel neben der Grundabsicherung durch die Sozialbehörden zur Verfügung zu stellen. Es ist daher bei der Gestaltung der Testamentsvollstreckung von vorn herein darauf zu achten, dass solche Auslegungen und Wertungen durch die Gerichte ausgeschlossen, zumindest aber nicht erleichtert werden. Professioneller Rat sollte daher eingeholt werden. Das Gleiche gilt auch dann, wenn keine Abhängigkeit des Begünstigten von staatlichen Leistungen gegeben ist, dieser aber der Verfolgung durch Gläubiger ausgesetzt ist. Auch hier ist darauf zu achten, dass die Regelungen im Testament in ausreichender Form das dem Zugriff zugängliche Vermögen und Einkommen des Begünstigten von den Zuwendungen aus dem Testament abgrenzen.

Aktenzeichen des Landessozialgerichtes Niedersachsen – Bremen: L 15 AS 457/12; Urteil vom 13.11.2014; Fundstelle: ZFSH/SGB 2015, 103 ff;
Rechtsanwalt Joachim Hermes, Fachanwalt Erbrecht; Fachanwalt Familienrecht

Veröffentlicht am 02.03.2015