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OLG Hamm: Gebrauch machen von einem unwirksamen Testament führt nicht automatisch zur Erbunwürdigkeit.

Wer den Erblasser vorsätzlich widerrechtlich getötet oder dies auch nur versucht hat, ist erbunwürdig. Dessen sind sich die meisten Menschen bewusst. Eine Erbunwürdigkeit ist aber auch dann anzunehmen, wenn der mutmaßliche Erbe eine Testamentsfälschung begangen hat. Aber nicht alle Fälle sind gleich.

Die im Jahr 2013 im Alter von 85 Jahren verstorbene Erblasserin hinterließ drei Kinder. Im notariellen Testament aus dem Jahr 2007 bestimmte sie eines dieser Kinder zu ihrem alleinigen Erben. Darüber hinaus gibt es ein handschriftliches verfasstes Schriftstück aus dem Jahr 2009, in dem sie einer ihrer Enkelinnen zur Alleinerbin bestimmte. Normalerweise gilt das neuere Testament, auch wenn es die Erbfolge eines notariellen Testamentes abändert. Vorliegend bestand aber die Besonderheit, dass das handschriftlich verfasste Schriftstück nicht eigenhändig von der Erblasserin, sondern von einer dritten Person niedergeschrieben war. Die Erblasserin hatte es lediglich unterzeichnet. Erbrechtlich war das Testament daher unwirksam.

Im Streit um die Erbfolge versicherte die Mutter der Enkelin an Eides statt, dass die Erblasserin das Schriftstück aus dem Jahr 2009 in ihrer Gegenwart selbst geschrieben und unterschrieben habe.

Das OLG Hamm hat entschieden, dass es keine zur Erbunwürdigkeit oder Pflichtteilsunwürdigkeit führende Urkundenfälschung darstellt, wenn sich der Anspruchsteller der formal unwirksamen Urkunde bedient. Dass sich im vorliegenden Fall die Tochter möglicherweise wegen der Abgabe einer falschen Versicherung an Eides statt oder wegen eines zumindest versuchten Prozessbetruges strafbar gemacht hat, stehe auf einem anderen Blatt.

Wichtig ist also der Unterschied: Wer ein (für ihn fremdes) Testament selbst schreibt und darunter den Namen des Erblassers setzt, ist unwürdig, wer diesen „letzten Willen“ hingegen selbst schreibt und vom Erblasser unterschreiben lässt, nicht. Abzuraten ist von dieser Form der Nachfolgegestaltung allemal. Auch wenn sich die Testamentsschreiberin so ihre Pflichtteilsansprüche erhalten konnte, strafbar war das Verhalten allemal.

 

Rechtsanwalt Eberhard Rott
Fachanwalt für Erbrecht und Fachanwalt für Steuerrecht

veröffentlicht am 06.09.2016