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Tierisches Hausverbot!

Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Hausverbotes im Zusammenhang mit einem Anstellungsverhältnis – wahlweise gegenüber Menschen, Tieren oder Sachen erklärt – beschäftigt regelmäßig die zivilgerichtliche Rechtsprechung. Während der Kartellsenat des OLG Koblenz in einem Urteil vom 13.12.2012 zu der ebenso logisch richtigen wie simplen Feststellung gelangte, dass die Erteilung eines Hausverbotes gegenüber einem Auto nicht möglich sei (Aktenzeichen: U 73/12 Kart), ist die Erklärung eines Hausverbotes gegenüber einem Tier – unter gewissen Voraussetzungen – durchaus zulässig. Mit den hierzu notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen beschäftigt sich eine Entscheidung des LAG Düsseldorf vom 24.03.2014 (Aktenzeichen: 9 Sa 1207/13).

LAG Düsseldorf, Urteil v. 24.03.2014 – 9 Sa 1207/13

1. Sachverhalt

Tatsächlicher Hintergrund der Entscheidung des LAG Düsseldorf war ein Streit zwischen den Parteien eines Arbeitsverhältnisses um die – fortbestehende – Befugnis der Arbeitnehmerin, ihren Hund mit an ihren Arbeitsplatz bringen zu dürfen. Die beklagte Arbeitgeberin – Inhaberin einer Werbeagentur – beschäftigte die Klägerin im Zeitpunkt des Rechtsstreits seit 16 Jahren in ihrem Agenturbetrieb, zuletzt als persönliche Assistentin der Geschäftsleitung. Seit dem Jahr 2009 brachte die Klägerin ihren dreibeinigen, aus Russland stammenden Hund Kaya mit zur Arbeit. Neben der Klägerin war es auch weiteren Mitarbeitern der Beklagten stillschweigend gestattet, ihre Hunde in die Büroräumlichkeiten mitzubringen. Die Beklagte tolerierte dies mit genereller, arbeitgeberseitiger Billigung, ohne das es hierzu spezifische individual- oder kollektivrechtliche Vereinbarungen mit den Arbeitnehmern über die Mitnahme von Haustieren an den Arbeitsplatz gegeben hätte. Nachdem der Arbeitgeberin wiederholt eindringliche Beschwerden anderer Mitarbeiter über die auffällige Aggressivität und das deutliche Drohverhalten des Hundes der Klägerin zugetragen wurden, untersagte sie der Klägerin deshalb mit Schreiben vom 16.11.2012 die weitere Mitnahme des Hundes an den Arbeitsplatz ab dem 01.12.2012. Hiergegen wandte sich die Klägerin, indem sie – zunächst in erster Instanz vor dem zuständigen Arbeitsgericht, sodann vor dem LAG Düsseldorf – gerichtlich die Verurteilung der beklagten Arbeitgeberin begehrte, das Mitbringen des Hundes an den eigenen Arbeitsplatz wie bisher zu dulden.  

Die Klägerin scheiterte mit ihrem Begehren. Beide Gerichtsinstanzen bestätigten: „Hund Kaya hat zu Recht Hausverbot erhalten“.

Doch warum? Und war es fair von der Arbeitgeberin, lediglich der Klägerin die Mitnahme des Hundes zu versagen, während es anderen Mitarbeitern der Werbeagentur nach wie vor unbenommen blieb, ihre Hunde mit zur Arbeit zu nehmen?

2. Rechtslage

Das schriftlich erklärte Verbot der Beklagten hinsichtlich der weiteren Mitnahme des Hundes Kaya ab dem 01.120.2012  ist – juristisch gesprochen – als eine einseitig erteilte Weisung der Arbeitgeberin an die konkret betroffene Mitarbeiterin nach Maßgabe des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts gem. § 106 GewO zu verstehen. Das arbeitgeberseitige Weisungsrecht umfasst Leistungs- und Ordnungsverhalten der Mitarbeiter, so § 106 S. 2 GewO. Grenze des Weisungsrechts ist der Maßstab des billigen Ermessens

Zu Recht stellt das LAG Düsseldorf in seinem Urteil vom 24.03.2014 fest, dass ein Arbeitgeber auf der Grundlage des § 106 GewO nicht nur Weisungen zur – fachlich korrekten – Erbringung der Arbeitsleistung als solcher erteilen kann, sondern das er ebenso verbindliche Direktiven zur innerbetrieblichen Ordnung und zum sozialen Verhalten der Mitarbeiter aussprechen darf.

Die Klärung der Frage, ob Mitarbeiter ihre Haustiere – respektive ihre Hunde – mit in den Betrieb bringen dürfen, liegt daher primär in der alleinigen Entscheidungsbefugnis des Arbeitgebers. Er ist der Hausrechtsinhaber seiner Büro-/Betriebsräumlichkeiten und er darf berechtigterweise einseitig bestimmen, ob Haustiere überhaupt am Arbeitsplatz erwünscht sind. Selbiges gilt entsprechend für das Mitbringen privater Radio-/Fernsehgeräte, die private Nutzung des Internetanschlusses des Arbeitgebers oder das Tragen von Dienstkleidung. Das gegenüber der Beklagten erteilte Verbot, weiterhin ihren Hund mit in die Werbeagentur zu bringen, war deshalb generell von dem Weisungsrecht der Arbeitgeberin aus § 106 GewO gedeckt.

Anderweitige arbeitsvertragliche Vereinbarungen oder kollektivrechtliche Regelungen, die das Direktionsrecht der Beklagten in dieser Thematik eingeschränkt hätten, waren nach den Feststellungen von Arbeitsgericht und LAG nicht ersichtlich. Weder lag eine individualvertraglich näher ausgestaltete Zusage zugunsten der Klägerin vor, ihren Hund mitbringen zu dürfen, noch war ein hinreichender Rechtsbindungswille der Beklagten ersichtlich, um von einem gewohnheitsrechtlich verfestigten Recht nach den Grundsätzen der betrieblichen Übung oder aufgrund einer Gesamtzusage ausgehen zu können. Eine rein faktische Duldung der Mitnahme von Hunden an den Arbeitsplatz reicht daher nicht aus, um im Streitfall auf einen diesbezüglichen Rechtsbindungswillen des Arbeitgebers schließen zu können.

Im Übrigen bewegte sich das an die Klägerin gerichtete Verbot im Bereich des billigen Ermessens. Glaubhafte Zeugenaussagen unterschiedlicher Mitarbeiter der Beklagten belegten nachvollziehbar, dass zahlreiche Kollegen sich durch die Anwesenheit des Hundes „Kaya“ einer belastenden, einschüchternden Arbeitsatmosphäre ausgesetzt sahen. Die Beklagte war daher in der Pflicht, als Arbeitgeberin auch die berechtigten Belange derjenigen Mitarbeiter zu schützen, die den Hund der Klägerin als unkontrollierbare Bedrohung empfanden. Schließlich stellte das Hausverbot für „Kaya“ keine Verletzung des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zum Nachteil der Klägerin dar, auch wenn andere Mitarbeiter weiterhin ihre Hunde mit in die Agentur bringen durften. Denn: Jegliches Recht auf Gleichbehandlung hängt – auch – von der wesentlichen Vergleichbarkeit der betroffenen Einzelfälle ab. Dieses Kriterium war hier gerade nicht erfüllt. Nur der Hund der Klägerin wurde von unterschiedlichen Kollegen als aggressiv und tendenziell einschüchternd empfunden. Das Zutrittsverbot der Arbeitgeberin – gerade für den Hund der Klägerin – war deshalb eine sachlich gebotene Differenzierung, ohne die Rechtsposition der Klägerin im Verhältnis zu anderen Mitarbeitern über Gebühr einzuschränken.

3. Ergebnis

Drei Beine schützen einen Hund nicht vor einem „tierischen Hausverbot“. Tierliebe ist kein Primärziel eines Arbeitsverhältnisses. Essenz des Arbeitsverhältnisses ist – für den Arbeitnehmer – die vertragsgemäße Erfüllung seiner Arbeitspflicht. Zu Recht stellt das LAG hierzu klar: „Das Mitbringen eines Hundes ist für die Erbringung der Arbeitsleistung nicht notwendig.“ Umso mehr kann einem Mitarbeiter das Mitbringen seines Hundes daher nach billigem Ermessen durch einseitige Weisung des Arbeitgebers untersagt werden, wenn die Anwesenheit des Hundes objektiv nachteilige Effekte auf die allgemeine Leistungsatmosphäre innerhalb des Betriebs hat.

 

Rechtsanwältin Franziska K. Grafe