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Und nochmal: Der Eigenbedarf des Vermieters!

In einer Entscheidung aus dem März 2015 musste sich der Bundesgerichtshof (BGH) erneut mit der Frage beschäftigen, wie der vom Vermieter in der Kündigung dargelegte Eigenbedarf zu bewerten ist.

Bereits seit Jahrzehnten (die erste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes stammt aus dem Jahr 1989) haben der Bundesgerichtshof und das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass ein Richter nicht seine eigenen Vorstellungen von angemessenem Wohnbedarf an die Stelle der Bestimmung durch den Vermieter setzen darf. Dennoch geschieht dies in beängstigender Regelmäßigkeit immer wieder. Nun hatten Amtsgericht und Landgericht Karlsruhe entschieden, dass eine 120 m² große Wohnung für einen Studenten zu groß, da lediglich eine Größe bis 100 m² angemessen sei. Dies auch dann, wenn der Sohn des Vermieters mit einem Freund eine studentische Wohngemeinschaft gründen wolle. Der BGH musste sich zum wiederholten Male mit dieser Frage befassen und betonte nochmals die folgenden Grundsätze:

  1. „Die Gerichte haben grundsätzlich zu respektieren, welchen Wohnbedarf der Vermieter für sich oder seine Angehörigen als angemessen sieht. Sie sind daher nicht berechtigt, ihre Vorstellungen von angemessenem Wohnen verbindlich an die Stelle der Lebensplanung des Vermieters (oder seiner Angehörigen) zu setzen“.
  2. „Der vom Vermieter geltend gemachte Wohnbedarf ist nicht auf Angemessenheit, sondern nur auf Rechtsmissbrauch zu überprüfen. Rechtsmissbräuchlich ist nicht schon der überhöhte, sondern erst der weit überhöhte Wohnbedarf.“
  3. „Es lassen sich keine Richtwerte (etwa Wohnfläche) aufstellen, ab welcher Grenze bei einem Alleinstehenden von einem weit überhöhten Wohnbedarf auszugehen ist. Denn diese Beurteilung hängt nicht allein von der in Anspruch genommenen Wohnfläche oder der Anzahl der Räume ab, sondern von einer umfassenden Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls.“
  4. „Macht sich der Vermieter den (ernsthaften) Wunsch eines alleinstehenden volljährigen Familienangehörigen zu eigen, einen eigenen Hausstand zu gründen und mit einem (langjährigen) Freund eine Wohngemeinschaft (keine Lebensgemeinschaft) zu bilden, und bemisst er auf dieser Grundlage den aus seiner Sicht angemessenen Wohnbedarf, ist diese Entscheidung von den Gerichten grundsätzlich anzuerkennen.“

Damit sollte deutlich gemacht sein, dass kein Richter den angemessenen Wohnbedarf feststellt, sondern der Vermieter diesen festlegt. Nur dann, wenn ein offensichtlicher Missbrauch erkennbar wird, darf der Richter prüfen, ob ein solcher Missbrauch gegeben ist. Dennoch muss man davon ausgehen, dass sich auch in Zukunft immer wieder Richter der ersten und zweiten Instanz anmaßen, die Angemessenheit eines Eigenbedarfes nach eigenen Maßstäben zu beurteilen. Es ist daher dringend geboten, eine Eigenbedarfskündigung mit Hilfe fachlich qualifizierter Berater durchzuführen und den Rechtsweg auch bis zu den obersten Gerichten zu verfolgen.

BGH Urteil vom 04.03.2015, Az.: VIII ZR 166/14;

Rechtsanwalt Joachim Hermes, Fachanwalt Erbrecht; Fachanwalt Familienrecht 

Veröffentlicht am 25.04.2015