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Vater ist nicht gleich Vater – jedenfalls nicht für den Bundesfinanzhof

In den meisten Fällen ist der biologische Vater zugleich auch der rechtliche Vater. Es gibt jedoch Situationen, in denen biologischer und rechtlicher Vater auseinanderfallen. Dies kann etwa dann geschehen, wenn der Ehemann die Vaterschaft für ein Kind seiner Frau anerkennt, welches er nicht gezeugt hat. Der Ehemann wird hier rechtlicher Vater, biologischer Vater bleibt jedoch der Erzeuger des Kindes. Genau dieser Fall lag nun dem Bundesfinanzhof (BFH) vor. Es ging um Schenkungsteuer.

Der biologische Vater wollte seiner leiblichen Tochter 30.000 € schenken und hierfür die Steuerklasse I angewandt wissen. Das Finanzamt hingegen wollte Steuerklasse III zur Anwendung kommen lassen. Der Unterschied liegt hier nicht nur in der Höhe der Besteuerung, sondern auch in der Höhe der Freibeträge. Für die Tochter machte dieser Unterschied immerhin 3.000 € aus! Das Finanzamt forderte diesen Betrag. Das Finanzgericht hingegen war anderer Meinung. Also musste der BFH entscheiden.

Der BFH entschied zugunsten des Finanzamtes. Der rechtliche Vater würde auch deshalb steuerlich bessergestellt, weil er Pflichten und Rechte dem Kind gegenüber habe. Beispielsweise sei er pflichtteilsberechtigt sei. Der biologische Vater habe all das nicht. Deswegen könne er auch nicht den Vorteil der steuerrechtlichen Begünstigung für sich geltend machen. Außerdem wären sonst Kinder, die einen anderen biologischen, als rechtlichen Vater haben, bevorteilt. Sie könnten insbesondere von zwei Vätern steuerlich günstig und mit hohen Freibeträgen erben. Ein solcher Vorteil erscheine nicht gerecht.

Das Urteil vermag nicht in jeder Hinsicht zu überzeugen. Häufiger als die Situation, dass ein Kind „zwei Väter“ hat, ist die, dass ein Kind zwar einen biologischen Vater hat, dieser aber die Vaterschaft (noch) nicht anerkannt hat. Dann wäre das Kind benachteiligt, da es keinen Vater hat, von dem es steuerlich erleichtert erben oder Schenkungen erlangen könnte. Auch ist das Kind hier nicht pflichtteilsberechtigt.

Auch die Argumentation des BFH, es bestünden keine Rechte und Pflichten des leiblichen Vaters, weswegen er nicht zu begünstigen sei, erscheint nicht ganz folgerichtig. Der Gesetzgeber hat 2013 die Rechte des leiblichen Vaters gestärkt. Nach § 1686a BGB hat der leibliche Vater unter den Voraussetzungen des Kindeswohls und des berechtigten Interesses ein Recht auf Umgang mit dem Kind und Auskunft über das Kind. Ebenso hat der sogenannte „Scheinvater“ (jemand der glaubt, Vater des Kindes zu sein, es aber nicht ist) ein Recht auf Auskunft über den wirklichen Vater des Kindes, etwa um von diesem den gezahlten Unterhalt zurückzuverlangen. Hierdurch können für den leiblichen Vater auch Pflichten entstehen.

Insofern ist die Argumentation des BFH, es bestünden keine Rechte und Pflichten des leiblichen Vaters, weswegen er nicht zu begünstigen sei, zumindest nicht ganz richtig. Es erscheint daher angezeigt, dass sich der Gesetzgeber des Themas annimmt und die Stärkung der Stellung des leiblichen Vaters auch auf die steuerlichen Aspekte auszuweiten.

Gleichwohl ist das Urteil jetzt für alle Betroffenen zu beachten. Es lohnt sich dementsprechend, vor Schenkungen oder bei gewünschter Vererbung an sein leibliches, aber nicht rechtliches Kind, qualifizierte rechtliche und steuerliche Beratung einzuholen.
 
 
Eberhard Rott
Fachanwalt für Erbrecht und Fachanwalt für Steuerrecht, Testamentsvollstrecker (AGT)
für das HÜMMERICH legal Erbrechtsteam