News

Anbieten eines Mediationsverfahrens Voraussetzung einer Druckkündigung

Bevor ein Arbeitgeber bei Konflikten unter Kollegen gegenüber einem Arbeitnehmer eine Druckkündigung ausspricht, muss er als milderes Mittel die Durchführung eines Mediationsverfahrens auf seine Kosten anbieten. 

LAG Hamm vom 16.10.2015 – 17 Sa 696/15 –

Bei einer Druckkündigung werden dem Arbeitgeber von Dritten Nachteile für den Fall angedroht, dass ein bestimmter Arbeitnehmer nicht entlassen wird. Typische Fälle sind Drohungen der Belegschaft mit Massenkündigung oder Streik oder die Androhung des Abbruchs von Geschäftsbeziehungen durch Kunden oder Lieferanten. Wenn es für die Drohung keine objektive Rechtfertigung gibt, die einen verhaltensbedingten oder personenbedingten Kündigungsgrund ergibt, handelt es sich um eine echte Druckkündigung. In diesem Fall muss der Arbeitgeber sich zunächst schützend vor den Arbeitnehmer stellen und versuchen, die Dritten von ihrer Drohung abzubringen. Nur wenn die Drohung nicht abgewendet werden kann und bei der Verwirklichung der Drohung schwere wirtschaftliche Schäden entstehen, kann die Druckkündigung gerechtfertigt sein.

In dem vom Landesarbeitsgericht Hamm entschiedenen Fall forderte ein erheblicher Anteil des Lehrerkollegiums an einer Ersatzschule die Entlassung einer Kollegin und drohte mit dem Ausspruch von Eigenkündigungen.

Das LAG Hamm hat die Kündigung für unwirksam erklärt, weil der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung durch das Angebot der Durchführung eines Mediationsverfahrens hätte versuchen müssen, den Konflikt zu klären und die Lehrer von ihrer Drohung abzubringen.

Wie sich aus § 1 Abs. 1, Abs. 2 MediationsG ergibt, ist Mediation ein strukturiertes, freiwilliges Verfahren zur konstruktiven Beilegung eines Konfliktes, bei dem unabhängige Dritte die Konfliktparteien in ihrem Lösungsprozess begleiten. Diese versuchen dabei, zu einer gemeinsamen Vereinbarung zu gelangen, die ihren Bedürfnissen und Interessen entspricht. Der allparteiliche Mediator trifft keine eigenen Entscheidungen bezüglich des Konflikts, sondern ist lediglich für das Verfahren verantwortlich. Er ist gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 MediationsG allen Parteien gleichermaßen verpflichtet. Die Mediation ist ein anerkanntes Instrument, das geeignet sein kann, innerbetriebliche Konflikte dauerhaft zu lösen.

Es kann dabei offen bleiben, ob ein Arbeitgeber die Konfliktparteien durch Weisung verpflichten kann, an dem Mediationsverfahren teilzunehmen (verneinend LAG Nürnberg 27.08.2013 – 5 TaBV 22/12 – Rdnr.20; nachfolgend BAG 30.06.2015 – 1 ABR 71/13 – Rdnr. 25). Denkbar ist eine Verpflichtung der Arbeitnehmer, an Aufklärungsgesprächen über Sinn und Zweck der Mediation teilzunehmen (Henkel/Göhler, AuA 2014, 703; Hunold AuA 2015, 216, 217).

Durch die Geschäftsleitung geführte oder moderierte Gespräche sind kein angemessener Ersatz für ein Mediationsverfahren, weil der Arbeitgeber selbst in den Konflikt oder seine Auswirkungen, bereits durch das Bestehen der Drohung, involviert ist. Demgegenüber ist ein Mediator als neutraler Dritter gemäß § 2 Abs. 3 MediationsG beiden Parteien gleichermaßen verpflichtet und hat die Aufgabe, die Kommunikation der Konfliktparteien zu fördern und zu gewährleisten, dass sie in angemessener und fairer Weise in die Mediation eingebunden sind.

Dem Arbeitgeber ist es auch zuzumuten, die durch das Mediationsverfahren ausgelösten Kosten zu tragen, da er seine Kostenübernahme auf einen angemessenen Betrag begrenzen kann.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da Revision zum Bundesarbeitsgericht eingelegt wurde. Aktenzeichen beim BAG: 2 AZR 637/15.

Rechtsanwalt Dr. Matthias Spirolke, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mediator

Mediation durch HÜMMERICH legal-Mediatoren

Veröffentlicht am 28. Januar 2016