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Freizeitausgleich bei Bereitschaftsdienst

Die Mehrarbeit eines Beamten in Form von Bereitschaftsdienst ist im Verhältnis „1 zu 1“ auszugleichen: pro Bereitschaftsstunde ist eine Stunde Freizeitausgleich zu gewähren. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in acht Urteilen vom 17. November 2016 entschieden, die jetzt vorliegen. HÜMMERICH legal hat die Kläger vertreten.

Die Kläger sind Bundespolizeibeamte und waren in den vergangenen Jahren mehrfach für jeweils einige Monate an deutschen Botschaften in Krisengebieten tätig und haben dort Aufgaben des Personen- und Objektschutzes wahrgenommen. In dieser Zeit waren sie jeweils an das Auswärtige Amt abgeordnet und erhielten zusätzlich zu ihren regelmäßigen Bezügen Auslandsbesoldung. Im Rahmen des Dienstes fielen in erheblichem Umfang als Mehrarbeit angeordnete Überstunden an, für die Freizeitausgleich im Inland gewährt wurde. Die Beklagte hat Mehrarbeit in Form von Bereitschaftsdienst dabei zeitlich nur zur Hälfte in Ansatz gebracht; die bei der deutschen Botschaft in Bagdad als Rufbereitschaftsdienst gewerteten Zeiten hat sie zu einem Achtel als Mehrarbeitet berücksichtigt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Praxis mit Blick auf den Bereitschaftsdienst im Sinne von § 2 Nr. 12 AZV beanstandet und die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt. Bei Mehrarbeit in der Form des Bereitschaftsdienstes ist gemäß § 88 Satz 2 BBG voller Freizeitausgleich zu gewähren. „Entsprechende Dienstbefreiung“ im Sinne dieser Norm bedeutet bei Bereitschaftsdienst ebenso wie bei Volldienst Freizeitausgleich im Verhältnis „1 zu 1“. Dies ergibt sich aus der Auslegung nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der Vorschrift: Der Anspruch auf Freizeitausgleich dient nicht in erster Linie der Regeneration des durch die Mehrarbeit besonders dienstlich in Anspruch genommenen Beamten; Dienstbefreiung für Mehrarbeit soll vielmehr die Einhaltung der regelmäßigen Arbeitszeit jedenfalls im Gesamtergebnis gewährleisten. Dem Beamten soll in ungeschmälertem Umfang Freizeit zur Verwendung nach seinen persönlichen Bedürfnissen und Interessen zur Verfü-gung stehen. Auf das Maß und die Intensität der Inanspruchnahme während der geleisteten Mehrarbeit kommt es nicht an. Der Beamte hat auf die sich aus der gesetzlichen Arbeitszeitregelung ergebende Freizeit auch dann einen Anspruch, wenn er sie nicht zur Wiederherstellung seiner Kräfte benötigt. „Entsprechend“ im Sinne von § 88 Satz 2 BBG meint damit dem zeitlichen Umfang und nicht der Intensität der Mehrleistung entsprechend.

Dieses Ergebnis steht auch in Einklang mit Unionsrecht, insbesondere mit der Arbeitszeitrichtlinie RL 2003/88/EG vom 4. November 2003.

Dagegen handelt es sich bei Rufbereitschaft, die in § 2 Nr. 11 AZV definiert ist als die Pflicht, sich außerhalb des Arbeitsplatzes bereitzuhalten, um bei Bedarf sofort zu Dienstleistungen abgerufen werden zu können, in den Zeiten, für die sie angeordnet ist, nicht um Arbeitszeit. Sie ist damit kein tauglicher Gegenstand von Mehrarbeit nach § 88 Satz 2 BBG. Allerdings kann nach § 12 Satz 2 AZV ein Anspruch auf Freizeitausgleich entstehen: Hat der Beamte über die Arbeitszeit hinaus mehr als zehn Stunden im Kalenderjahr Rufbereitschaft, wird innerhalb von zwölf Monaten ein Achtel der über zehn Stunden hinausgehenden Zeit als Freizeitausgleich gewährt, soweit nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen.

 

Christian Mäßen

Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Veröffentlicht 16.02.2017